Grossflächiges Doping mit Designer-Steroid Tetrahydrogestrinon (THG) aufgedeckt

Allgemeine Struktur eines Steroids

(dpa 18-10-2003)

Einen Tag nach Bekanntwerden des vermutlich größten Doping-Skandals in der Geschichte des amerikanischen Sports hat es erste Konsequenzen gegeben. Mehr als 40 Athleten aus olympischen und verschiedenen anderen Profi-Sportarten, die möglicherweise in dem spektakulären Fall verwickelt sind, wurden am Freitag von einem Bundesgericht in San Francisco für die kommende Woche vorgeladen, um über das Laboratorium auszusagen, in dem das Designer-Steroid Tetrahydrogestrinone (THG) offensichtlich entwickelt worden ist. Die Droge soll im Bay Area Laboratory Co-Operative (BALCO) in Burlingame hergestellt worden sein. Das nordkalifornische Unternehmen produziert vor allem Nahrungsergänzungsmittel. Zu seinen Kunden zählen die Sprinter Marion Jones und Tim Montgomery sowie Baseball-Star Barry Bonds.

Zu den geladenen Zeugen soll auch die vor der Aberkennung ihrer beiden WM-Goldmedaillen stehende US-Sprinterin Kelli White zählen. Sie war bei den Weltmeisterschaften im August in Paris nach ihrem Sieg übr 100 m auf das Stimulanzmittel Modafinil positiv getestet worden.

Nach Veröffentlichungen der amerikanische Anti-Doping-Agentur (USADA) ist bei zahlreichen Top-Leichtathleten in der A-Probe THG nachgewiesen worden. Eine genaue Anzahl und die Namen der betroffenen Sportler wurden nicht genannt. Sollten sich die Befunde der A-Probe bestätigen, bedeutet das eine zweijährige Sperre und somit die Nichtteilnahme an den Olympischen Spielen in Athen.

Es gibt wohl kein Dopingvergehen, in dem mehr Athleten involviert waren als in diesem Fall. Das Ausmaß stellt sich als eine Verschwörung von Chemikern, Trainer und Sportlern dar, die glaubten, mit einem nicht nachweisbaren Designer-Steroid die Mitkonkurrenten, die Amerikaner und die Weltöffentlichkeit betrügen zu können.

THG – ein bisher unentdeckbares Designer-Steroid, angesiedelt zwischen Gestrinon und Trenbolon, verwandt einem Mittel für die Bullenmast – ein paar Tropfen unter die Zunge, und schon funktioniert es. Very sophisticated, sehr geheimnisvoll, und wieder waren die User überzeugt, dass sie damit bestimmt nicht erwischt würden. Sie irrten sich, wie Johann Mühlegg und Konsorten bei den Winterspielen in Salt Lake City, die sich auf den brandneuen Blutbildner Darbepoetin alfa verließen, aber überführt wurden vom Analytiker Don Catlin, der nun auch THG herausgetestet hat.

Die typischen Nebenwirkungen von Steroiden an Leber und dem Herz-Kreislauf-System bis zum Herzinfarkt sind wohl auch beim THG vorhanden.

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